Team
Wir sind Nima, Eliza und Nini – drei Personen, die aus postmigrantischer Perspektive auf diese Gesellschaft und damit auch auf Theater, Kunst und Kultur blicken.
Eliza:
Meine Perspektive als Schwarze Frau*, die sich innerhalb der Strukturen des Stadttheaters bewegt, befähigt mich dazu, eben diese Strukturen kritisch zu hinterfragen und realistische, aber auch klare Forderungen für eine Verbesserung des Arbeits- und Lebensklimas innerhalb dieser zu formulieren. Meine intersektionale Betroffenheit lässt mich außerdem ein breites Spektrum an Betroffenheiten sehen und empfinden.
Ziel dieses Netzwerks ist für mich ganz klar die Emanzipierung von BIPoc- Personen innerhalb der deutschen Theaterlandschaft und die Verbesserung bzw. Beseitigung rassistischer Strukturen. Ich fordere Sie (Leitungsebenen, Chefdramaturg:innen und Intendant:innen(teams)) ganz klar dazu auf, eine antirassistische Haltung einzunehmen und diese auch innerhalb der Strukturen Ihres Hauses zu etablieren und zu fördern.
In Zeiten, in denen der Faschismus wieder in beängstigendem Maße um sich greift und das Theater einer der wenigen Räume zu sein scheint, in dem noch Utopien formuliert und realisiert werden können, erwarte ich von Ihnen keine bloßen Lippenbekenntnisse. Ich erwarte, dass Sie sich zur Welt verhalten und sich unseren Zielen anschließen und diese umsetzen.
Nini:
Umso mehr ich geistig und emotional wachse, desto bewusster wird mir, wie paradox die Welt des Theaters weithin ist. Diskriminierung wird reproduziert, anstatt ihr entgegenzuwirken – und das, obwohl auf der Bühne so häufig gesellschaftskritische Themen mit progressivem Anspruch behandelt werden.
Meine Erfahrungen in Theaterkontexten als Beteiligte wie auch als Zuschauer:in geben mir die Erfahrung des Erlebens. Durch mein Musiktheaterstudium bin ich dazu befähigt, auch auf einer analytischen Ebene die Situation zu reflektieren.
Mein Anspruch ist ein Theater, das allen Menschen zugänglich ist und in dem nicht nur scheinbar nach unten, sondern nach oben getreten wird. In dem konsequent und radikal daran gearbeitet wird einen Raum zu schaffen, in dem Kunstfreiheit die Freiheit der Gedanken und die Freiheit der Seelen für diejenigen bedeutet, die im Alltag darin beschnitten werden. Ein Theater, in dem ausschließlich auf der Bühne performt wird.
Dass unsere Ziele umgesetzt werden ist dafür unabdingbar und duldet keinen Aufschub mehr.
„Art should comfort the disturbed and disturb the comfortable“ -Banksy
Auf unser Gesunden!
Nima:
Ich habe meinen Schauspieldiplom dieses Jahr mit einer Arbeit abgeschlossen, die mir sehr am Herzen lag. Der Titel lautete: „Diversität im Kulturbetrieb – Vielfalt am Theater?“. Nicht umsonst schrieb ich ein Fragezeichen am Ende des Titels hin. Für mich als jemensch, der in Köln Mülheim einen großen Teil seiner Jugend verbrachte, war die Welt schon immer divers. Deswegen verstand ich bei Theaterbesuchen nie, warum Jim Knopf nur durch Blackfacing dargestellt werden kann oder warum es nie Menschen gab, die nur ansatzweise wie ich aussahen, die im Theater ihren Platz fanden. Durch mein Studium und meine Diplomarbeit wurde ich dann insofern aufgeklärt, als ich oder Kolleg:innen, die schon im Beruf waren, Erfahrungen machten, die ein Theater von Weißen für Weiße belegten. Kaum Festengagements, dafür klischeebehaftete Rollen, rassistische Vulgarismen auf Proben oder bei Vorstellungen, Absagen von Theatern, weil mein Typ nicht ins klassische Theaterrepertoire passe und vieles Weitere. Da ich nun das Studium beendet habe, möchte ich, dass sich etwas ändert. Es kann nicht sein, dass mehr als ein Fünftel der Bevölkerung dieses Landes nicht in Theatern vertreten werden. Es kann nicht sein, dass wir immer nur die femme fatale oder den Geflüchteten spielen sollen.
Ja, ich möchte Faust sein. Ja, ich möchte Hamlet sein.
Aber dies ist aktuell nur schwer möglich, da sich viele Leitungen nicht vorstellen können, dass BIPoc solche Rollen spielen können.
Ich möchte die Theaterleitungen darum bitten, gewisse Denkmuster zu überarbeiten und mehr Menschen die Chance zu geben zu zeigen, was sie können. Anders kann ich mir nicht vorstellen, wie Theater die nächsten Jahre relevant bleiben soll.
Auch muss sich ein Gespür dafür entwickeln, für wen und gegen was wir Kunst machen. Ich kann es nur noch schwer ertragen, wenn auf der Bühne rassistische Stereotype aufgewärmt werden, um ein weißes Publikum zu schocken. Für BIPoc ist dies eher traumatisierend.
Ich möchte nicht mehr Theater machen oder sehen, in welchem gnadenlos auf die Schwächsten unserer Gesellschaft eingedroschen wird.
Wir möchten mit diesen zehn Punkten die Theaterleitungen dazu anregen, ihre Häuser zu reformieren, damit das Theater, das allen gehört, auch wieder ein Ort sein kann, an dem wirklich Grenzen und veraltete Denkmuster aufgebrochen werden.