Konferenzen und Aktionen
2. UMFRAGE FÜR DRAMATURGIE-STUDIERENDE
Konzipiert von Ana Edroso Stroebe, Hannah Mey und Sarah Heinzel aus der
AG Ausbildung.Hochschule.Weiterbildung des dramaturgie netzwerks 2021/2022
Was ist die Kompetenz einer*s Dramaturg*in in der Ausbildung? Auf welchem
Dramaturgieverständnis beruht die Hochschulausbildung? Wie werden die
Dramaturg*innen der Zukunft ausgebildet?
Dramaturgie als Tätigkeit ist immer im Wandel und oft gehen Ansprüche der Theater, der
Hochschulen und der Studierenden weit auseinander. Wir in der AG Ausbildung.Hochschule.Weiterbildung finden: Wer das Berufsbild schärfen und verändern will, der muss schon bei den Hochschulen anfangen! Deshalb haben wir Studierende der Dramaturgie und junge Dramaturg*innen, die ihr Studium innerhalb des letzten Jahres abgeschlossen haben, gefragt, wie sie ihr Dramaturgie-Studium wahrnehmen, welche Lehrinhalte ihnen am wichtigsten sind, was gut funktioniert und was ihnen fehlt. Wir wollten herausfinden, wie und unter welchen Bedingungen Dramaturgie gelehrt wird undwelches Selbstverständnis von „Dramaturgie“ dahinter steckt. Die Antworten sollen helfen, einen Überblick über die Ausbildung im deutschsprachigen Raum zu gewinnen, um auf Grundlage dessen Forderungen für die Zukunft derDramaturgie abzuleiten.
Klicke auf das Logo, um die Ergebnisse zu sehen.
Ein erstes großes Netzwerk-Treffen fand am 14. Dezember 2019 in Hannover statt. Daraus entstanden zehn Erkenntnisse.
1. Die Dramaturgie ist die Abteilung, an der Überproduktion und der Wandel und Anwuchs der Aufgaben und Ambitionen der Theater am deutlichsten werden bzw. am besten deutlich gemacht werden können. Sie puffert strukturelle und finanzielle Mängel auf, weil ihr Aufgabenfeld „unsichtbar“ ist. So gerät das Selbst- und Fremdbild von Dramaturg*innen ins Wanken, ihre Tätigkeit verliert an Wert und Anerkennung.
2. Die Kernaufgaben von Dramaturg*innen können und müssen (neu) definiert und diskutiert werden. Dazu gehören: Produktionen begleiten und sie inhaltlich vorbereiten: lesen, recherchieren, Festivals inhaltlich füttern und programmieren, mit dem Publikum in Kontakt treten, mit Verlagen und Leitung kommunizieren, Sonderveranstaltungen und Rahmenprogramme planen und durchführen, freie Gruppen und andere Theaterästhetiken kennenlernen, reflektieren und ggf. einladen. Die Welt und unsere Zeit wahrnehmen und analysieren.
3. Dramaturg*innen brauchen mehr personelle Unterstützung in Form von Kolleg*innen, Sekretariaten, bezahlten Hospitant*innen und festengagierten Assistent*innen sowie Projektmanager*innen. So gewinnen sie Zeit für ihre Kernaufgaben.
4. Dramaturg*innen benötigen außerdem mehr bezahlte Arbeitszeit für ergebnisoffenes Arbeiten. Anwesenheitspflicht muss an den Häusern oder im Vertrag ggf. gelockert und in Frage gestellt werden. Offene, multifunktionelle Räume aber auch Rückzugsmöglichkeiten zum Denk-Arbeiten können hier helfen.
5. Dramaturg*innen benötigen mehr Zeit für Regeneration: Pausen im Tagesgeschäft, innerhalb der Woche und nach Endproben. Dramaturg*innen benötigen diese Pausen vom Produktionsdruck, um kreativ und künstlerisch hochwertig arbeiten zu können. Daher brauchen wir eine Auseinandersetzung über flexible und dennoch verbindliche, überprüfbare Arbeitsrichtlinien.
6. Weniger ist mehr: Die selbstverständlich gewordene Überproduktion an Theatern muss abgebaut werden. alternativ mit der entsprechenden personellen Unterstützung aufgefangen.
7. Das Paradigma der Dramaturgie schwebt in der Freien Szene aufgrund der Fördermittelvergabe über allem. Dieser künstlerische wie existentielle Legitimationsdruck bedingt zugleich neue ästhetische, formale dramaturgische Ansätze. Die Freie Szene ist also ein Motor für Dramaturgien der Zukunft. Wir fordern transparentere Fördervergabeverfahren mit niedrigschwelligem Zugang jenseits von Antragsprosa und Unisprech; mehr Räume und Gelder für Recherchestipendien und Residenzen, Reformen in der Fördermittelstruktur weg von Projektförderungen hin zur Konzeptförderung. Wir möchten in Arbeitszusammenhänge mit Stadttheatern treten. Freie Dramaturg*innen und Stadttheaterdramaturg*innen bilden die Nahtstelle für eine gelingende Zusammenarbeit, wenn die in Punkt1-6 geforderten Arbeitsbedingungen geschaffen werden.
8. Theater sind immer noch deutlich weiß und männlich geprägte Orte mit hohen Zugangsbarrieren. Das entspricht nicht der Gesellschaft, von der es gefördert und für die es produziert wird. Kontinuierliche Weiterbildung und Reflexion sowie die Förderung benachteiligter Personengruppen helfen, Rassismus und andere ausschließende Strukturen zu bekämpfen. Das dramaturgie-netzwerk unterstützt die Arbeit der Initiative für Solidarität am Theater.
9. Theaterleitungen haben großen Einfluss auf das künstlerische Profil ihrer Häuser. Machtfülle, Sachzwänge und mangelnde Qualifikationen erschweren es Leitenden häufig, zum Wohle der Kunst und der Mitarbeitenden zu agieren. Leitungsfindungsprozesse müssen transparent, kriteriengeleitet, informiert, unter Berücksichtigung der Stimmen der Mitarbeitenden ablaufen. Versuche mit neuen Leitungsmodellen werden von Dramaturg*innen begrüßt und unterstützt. Führungspersonal am Theater muss für entsprechende Positionen und Aufgaben qualifiziert sein und sich kontinuierlich fortbilden. Leitungen müssen Verantwortung abgeben und sich zugleich für ihre Mitarbeitenden verantwortlich fühlen.
10. Dramaturg*innen sind Künstler*innen des Denkens. Mit einem solchen Selbstverständnis soll eine organisierte Zeit für ergebnisoffene Arbeit einhergehen. Ein Arbeitsprofil für Dramaturg*innen muss deshalb Freiräume als Selbstverständlichkeit enthalten, so dass Dramaturg*innen nicht stetig in Produktionen gebunden sind, sondern ihnen Zeit für die selbstorganisierte, ergebnisoffene, kreative Suche nach Interessen, Themen, Formen, Konzepten bleibt.
Bisherige Veranstaltungen:
Wozu Theaterleitung? - Wie andere Organisationsformen am Stadttheater möglich wären!
Online-Vortrag + anschließende Diskussion
Montag, 22. März 2021
18:00 Uhr bis ca. 20:00 Uhr
Anmeldung unter dramaturgie@ensemble-netzwerk.de
Die Rolle von Theaterleitern [sic] wurde schon vor über 100 Jahren scharf kritisiert, Modelle demokratischer Mitbestimmung von Seiten schauspielerischer Gewerkschaften gefordert, erprobt – und zum Irrweg erklärt. Aber welche früheren Ideen und Kämpfe sollten heute – vor dem Hintergrund „im wahrsten Sinne des Wortes asozial[er]“ Leitungsentscheidungen – wieder diskutiert werden? Und was muss heute – ohne die damals begleitenden gesamtgesellschaftlichen revolutionären Bewegungen – anders gedacht und gemacht werden?
Der Vortrag gibt schlaglichtartig Einblicke auf zwei Ebenen: Es sollen einerseits Typen soziologischer Organisationsmodelle vorgestellt werden, die auf sehr unterschiedliche Weise die Fragen nach Leitung, Hierarchien und Verantwortungsverteilung beantworten, konkret etwa im Hinblick auf Einstellungen und Kündigungen von Mitarbeiter*innen. Andererseits sollen konkrete Versuche eines ‚antiautoritären’ (Stadt-)Theaters in der BRD ab 1968 sowie ergänzend Ideen „sozialistischer Gemeinschaftsarbeit“ im Theater der DDR kennengelernt werden. Welche Aspekte der Ensembleemanzipation gegenüber einer allein verantwortlichen Theaterleitung erscheinen heute anwendbar? Inwieweit könnten demokratisch-kollektivistische Organisationsmodelle innerhalb von Theaterbetrieben funktionieren?
Im Anschluss laden wir euch zu einer Diskussion und zu weiteren Fragen ein. Wie können wir als Dramaturg:innen an der Systemveränderung der öffentlichen Theater mitarbeiten?
Die NV-Bühne-Lesenacht - Das dramaturgie-netzwerk lädt zur Pyjamaparty!
Als „ nicht tagesplan-abhängig arbeitende NV-Bühne-Solo-Angestellten“ lernen wir unseren Arbeitsvertrag kennen!
Den berüchtigten Normalvertrag Bühne.
Und weil der mehr als 100 Seiten umfasst, nehmen wir uns gleich einen ganzen Abend Zeit dafür. Mit Decken, leckeren Snacks und Tee machen wir es uns gemütlich und stöbern uns durch viele Seiten Papier.
Was leuchtet uns ein? Was verstehen wir gar nicht? Wo finden wir Widersprüche oder Lücken? Geplant ist zudem, dass wir unsere offenen Fragen im Nachhinein an Expert*innen weitergeben, die uns hoffentlich mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Damit die Party nicht zu kurz kommt, haben wir uns kleine Spiele und Aktionen für zwischendurch überlegt. Und wir wären natürlich keine Dramaturg:innen, wenn wir nicht auch aus dem NV-Bühne eine Strichfassung erstellt hätten.
Wann: Am 5. Februar 2021, ab 18 Uhr bis zum spooky Mitternachts-Special!
Wo: Bei dir zu Hause am Bildschirm, über Zoom
Dresscode: Schlafanzug, Nachthemd, Jogginanzug etc.
Ihr braucht: Strom, WLAN, Laptop, Bleistift, Proviant, Decken und Durchhaltevermögen
Bitte meldet euch bis zum 31. Januar 2021 via E-Mail an: dramaturgie@ensemble-netzwerk.de
Den Zoom-Zugang und unsere Strichfassung schicken wir euch dann rechtzeitig zu.
Wir freuen uns auf euch und auf die Irrungen und Wirrungen des NV-Bühne!
Let's talk: Dramaturg:innen-Lagerfeuer auf Zoom am 17.11. - in Zusammenarbeit mit der Dramaturgischen Gesellschaft
Dies sind schwierige Zeiten, und wir alle werden durchgeschüttelt. Lasst uns reden. Lasst uns austauschen: Wie geht´s Euch, was ist bei Euch am Haus los, was passiert bei den anderen?
Zusammen mit der Dramaturgischen Gesellschaft laden wir zum virtuellen Lagerfeuer, am Dienstag, 17.11., 18-20 Uhr.
Bitte meldet Euch bis 13.11. bei unseren Kolleg:innen der DG unter post@dramaturgische-gesellschaft.de an, dann bekommt ihr den entsprechenden Zoom-Link.
In kleinen Gruppen tauschen wir uns aus – manchmal hilft es ja schon zu hören, wie es anderswo läuft, so wie bei unserer digitalen Reihe DDC im Frühjahr.